Ich gehe essen, 3. – Und überhaupt.

27Dez07

Da haben die Gäste ja gestern nochmal die Kurve gekriegt; schee war’s. Offenbar war die traurige Veranstaltung am 1. Feiertag nur eine (zufällige?) Ansammlung von irgendwie Mühseligen und Beladenen, die ihre normalerweise zuhause praktizierte Genussfeindlichkeit mal in die Öffentlichkeit verlagert haben – wohl wg. Oma.

Jedenfalls haben mir die vielen Aaahs und Oohs gestern, als Platten mit Enten, Gänsen und Braten präsentiert wurden, wieder die Seele repariert. Und den Konsum von dazu passenden alkoholischen Getränken fand ich nicht übertrieben, sondern adäquat.

Ich will hier grundsätzlich mal von meiner wohl von der üblichen Gastronomennorm abweichenden Haltung berichten. Denn wenn ich mit Gastronomie hätte reichwerden wollen, müsste ich schon längst vor Jahren eine Pilsstube eröffnet haben.

Ich bin aktiv erst vor sechs Jahren in die Gastronomie eingestiegen, habe das sogar nur einer Ex-Ex zuliebe gemacht, die sich einmal beweisen wollte. Mein Grundkonzept war das, einen Ort zu etablieren, an dem ich Dinge zu essen und zu trinken vorfinde, die man sonst nicht oder in der gewünschten Qualität bekommt. Also eine Speisekarte mit lauter Lieblingsgerichten. Dazu – vernünftig kalkuliert – eine Auswahl der Getränke, die ich schätze.

Und hier geht es los mit dem Preisniveau. Chris aus der Netzecke, schreibt (siehe Kommentare zum letzten Post), dass er selbst mittlerweile im Lokal wenig trinkt, den Durst mit Wasser löscht und das so ersparte in bessere Weine für zuhause anlegt. Ein vernünftiger Gedanke, aber wo bleibt denn da die Fröhlichkeit, das Rundum-Wohlfühlen, wenn ich mit Freunden (oder auch allein) ausgehe? Pure Nahrungsaufnahme soll das doch nicht sein, oder?

Wenn ich für einen mittelmässigen Château Rinnstein 7.50 € für ein Glas und beim Szeneitaliener 48.00 € für „eine wünderschene Pinot Grigio“, der im Laden um die Ecke 3.98 € kostet, ausgeben soll, bin ich im falschen Lokal. Aufschlag muss sein, aber den schlauen Wirt erkennt man an vernünftiger Kalkulation. Kostet eine Flasche im Einkauf 5.00 €, wird man sie wohl kaum unter 18.00 € im Lokal bekommen. Verlange ich nun für diese Flasche nur 14.00 €, trinken meine schlauen Gäste zwei davon. Was habe ich also verdient? So ist das.

Wir hier in Rhein-Main sind offenbar auch gesegnet mit Lokalitäten, die dem Gast eine schöne Auswahl zu moderaten Preisen bietet. So gibt es viele Lokale, die von spanischen Kultur-, Arbeiter- oder Freizeitvereinen betrieben werden, die neben ordentlichem, Essen – Tapaskultur! – auch so Schätzchen offerieren wie einen 98er Condado de Haza für 25.00 € oder einen schönen Albarino für 18.00 €. Da fällt einem doch nichts mehr ein, oder?

Und so als kleine Werbebotschaft am Ende (schliesslich brauche ich jeden Cent): meine offenen Weine liegen zwischen 3.50 und 5.50 (z.B. für Guigal C.d.Rhône ), die Flasche Robert Weil Spätlese trocken 32.00.

Nun macht Euch mal auf den Weg!



5 Responses to “Ich gehe essen, 3. – Und überhaupt.”

  1. eben. und überhaupt.

    irgendwie vergessen manche leut‘ immer, dass der wirt vom verdienen lebt – das sind übrigens oft auch die, die meinen, im casino oder beim lotto kann man reich werden.

    ich meine: erstens verdient der wirt ja im allgemeinen an den getränken mehr als an den speisen. und wenn es schmeckt, schön aussieht, alles rundherum passt, gemütlich ist, etc.: soll er doch verdienen, bitte. er hat das risiko, die arbeit, den einsatz.

    rechnen wir einmal: teller, gläser, besteck, tischtuch, serviette, tischschmuck, toiletteanlage incl. anständige seife, papier, handtücher – für mich alles ganz wichtig, etc.: lauter dinge, die bezahlt werden müssen, eigentlich mehr oder weniger wegwerfartikel sind, und wehe es passt was nicht.

    wie viele gäste wissen eigentlich, was eine anständige restaurantküche kostet?

    miete, möbel, telefon, putzfrau, auto zum einkaufen, steuer und krankenkasse – beides gerne im voraus, personal, etc.: ohne geht’s nicht.

    rechnet man genau, was man sich alles erspart wenn man essen geht, dann ist das gar nicht mehr so teuer, es sei denn man haut auf den putz. ehrlicherweise muss hausfrau nämlich ebenfalls tischtuch waschen und bügeln, zerbrochenes glas, arbeitszeit, teurer weil in kleinen mengen einkaufen, etc. mitrechnen, von der arbeitszeit gar nicht zu reden, mit einberechnen.

    geh ich am abend in mein stammbeisel schnell was essen – z.b. hausschnitzel (dünnes schweineschnitzel mit käse gefüllt, eingerollt, in speck gewickelt, vom lavasteingrill, braterdäpfel, garniert mit ajvar, creme fraiche, zwiebeln, dazu ein gemischter salat, zwei grosse bierchen, zahl ich € 13.30, die hunt kriegt frisches wasser, macht in summe € 15.–. gut, ich habe ein sonderarrangement mit dem kellner: ich kann mich nicht gut bücken, er wäscht unseren hundenapf frisch aus und serviert der verwöhnten dame das, wie er sagt, teuerste leitungswasser von wien. soll sein. natürlich liegt ein sauberes tischtuch auf dem tisch, ein kerzelein brennt, ein wenig deko auf dem tisch fehlt auch nicht.

    rechne ich einkaufen, kochen, abwaschen, etc. brauche ich länger als ich beim wirt verweile, hab‘ noch immer nichts gegessen, die küche riecht einen tag lang, das tischtuch hat garantiert einen fleck, dann hock‘ ich alleine hinter dem tisch und mampfe verdrossen in mich hinein. und erspar‘ mir gar nicht so viel: schnitzel 1.50, käse 50.–, speck 30.–, garnitur 30.–, erdäpfel plus fett 1.–, gemischter salat (erdäpfel, paradeiser, kraut, gurke, grünzeug) 1.–, zwei bier 1.60, energiekosten, abfall, arbeitszeit: eigentlich nochmal 15.–. nicht berechnet sind hier diverse „abfälle“: creme fraiche und ajvar gibt es ja nicht in so kleinen einpersonen-portionen, detto kriegt man nirgends einen halben paradeiser, drei krautblätter, acht gurkenscheiben und ein viertel zwiebel. essig und öl braucht man auch noch, und senf und kräuter.

    hab‘ ich was vergessen? ergänzen sie es dann bitte für mich, ich geh‘ jetzt in’s wirtshaus. heute tagesteller: gegrillte forelle mit kräuterbutter, petersilerdäpfeln, gemischtem salat: € 7.90. da stell‘ ich mich nicht in die küche, wenn sie erlauben.

  2. Strom, Gas, Heizung fehlt in der Liste.
    Wer in oder in der Nähe von Metropolen wie Frankfurt, Berlin, München, Hamburg etc. lebt, findet eigentlich immer ein Lokal, welches vernünftig kalkuliert und wo Essen und Getränke schmecken. In der kulinarischen Wüste, in der ich mich befinde fällt das schwer. Besonders wenn man denn gewisse Ansprüche an sein Essen hat. Erst gestern hat mir mein Sohn gebeichtet, dass er ja nicht gerne Essen geht, da es bei uns zu Hause immer besser schmeckt. Schönes Kompliment, und auf den Punkt gebracht. Suppen aus frischen Zutaten? Saucen, wie sie sein sollen und müssen? Braten, zart und saftig? Pustekuchen! Von Steaks will ich gar nicht schreiben. Maggi und Knorr stehen überall mit am Herd. Saucenbinder verbinden geschmacksneutralen Fond und Sahne zu einer schneeweißen, ekligen Pampe, Gänsebrüste so hart, dass man ein Schwein damit totwerfen könnte (habe ich gerade ein neues Gericht erfunden?), Salate die ihren Namen nun wirklich nicht verdienen, oft von Nowka aus der großen Dose usw. Das Schlimmste: zu Weihnachten sind die Läden voll! Die Preise für diese Festessen sind marktüblich, aber welcher Gourmet möchte das wirklich essen, nur damit man sich Einkauf und Abwasch erspart? Ich nicht!
    Das nächste ansprechende Lokal ist ca. 40 km weit weg. Öffentlichen Nahverkehr gibt es dahin nicht; also auch Wasser zum Essen, da man noch fahren muss. Rechne ich Zeit und Kosten für die Fahrt und die Zeche, dann kann ich auch selbst kochen. Zur Not wird halt am nächsten Tag abgewaschen und aufgeräumt.

  3. au ja, hatte ich vergessen: licht und wärme. und die putzfrau.

    meinerseits lebe ich ja in wien, kulinarisch kann ich nicht klagen. und natürlich rechne ich von einem ein-personen-haushalt weg. manche gerichte kann man nur im gasthaus essen, ausserdem, oder sich entsprechende gäste einladen: gulasch, braten und co. erfordern das einfach. klar kann man eine menge einfrieren, aber schweinsbraten oder gebratenes geflügel? auf in’s gasthaus. billiger als drei leute einladen.

    das mit dem autofahren ist natürlich so eine sache, da haben sie auch recht. wird hier interfamiliär immer durch einen jeweils designierten wassertrinker gelöst, die anderen dürfen alkohol. das nächste mal ist wer anderer dran. und ein bierchen oder ein glas wein zum essen geht immer. manches schmeckt einfach besser, wenn das richtige getränk dabei ist. gulasch oder schweinebraten mit wasser oder cola oder orangensaft geht ja gar nicht, und eine ente oder gans ohne rotwein würde ich nicht wollen, da fehlte was. alkoholfreies bier wäre eine alternative, die meisten schmecken aber einfach nicht wirlich gut.

  4. WOW,ein Spätlese trocken von Weil für 32 Euro! Chapeau Louie!!

  5. Deine Preise sind aber zivil!

    Wie schon erwähnt, Wirte sind nun mal nicht die Bahnhofsmission! Klar, dass man dort den Wein nicht zum EK bekommt…..Ist ja wie überall! Ich bin gerne bereit, für gute Produkte, einen ordentlichen Wein, gutes Essen viel zu zahlen, aber nicht für schlechtes Essen und besch…Weine, was ja nun leider so eine Art Marotte in der Zunft geworden ist!
    Das ärgert mich dann, wenn aber alles stimmt, dann schaue ich nicht, ob der Sancerre blanc, der toll schmeckte, 32 EU die Flasche kostete oder nicht.

    Und, wie Du schon schreibst, Du bist ja in einer Gegend, in der man schlecht vertrocknet, also, ran an den heimischen Wein und äpplewoi, der ist sicher besser als so ein Chablis oder gepanschter Beaujoulais, und, billiger!


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