Pest.

18Aug07

Man ist ja gut zu ihnen. Man nimmt Rücksicht auf Befindlichkeiten, kleine Eitelkeiten, schlechte Tage, ganz schlechte Tage, Tage, bringt ein gewisses Mass an Verständnis auf für die wohl dieser Spezies angeborene Art, sich auf die Seite des Gastes zu schlagen; aber irgendwann ist es genug.

Ich rede von Kellnern.

Nicht von der Sorte, die diesen Beruf tatsächlich noch gelernt hat, sondern von all den durch den Broterwerb für z. B. Studium, Drogenkonsum, leichte Mädchen und ähnliche Vergnügungen in die Branche Quereingestiegenen, vom Studium Übriggebliebenen oder Freizeitphilosophen.

Die, die so eine Art Moral mitbringen, die der Küche immer wieder vorführt, wer denn eigentlich die Leistung am Gast bringt. Die auch gerne mal aus erzieherischen Gründen einen Teller mit warmem Essen recht ordentlich stehen und abkühlen lassen, weil ja erst irgendein V.I.P. verabschiedet werden muss, obwohl die Küche der Ansicht ist, dass der Gast ein Anrecht auf eine warme warme Mahlzeit hat und sich die Finger wundklingelt.

Schlimm ist es zudem, wenn sich in einem Betrieb über Jahre Strukturen gebildet oder besser: eingeschliffen haben, wo es eher so aussieht, als sei die Chefetage schwarzweiss gekleidet und laufe mit Tellern umher.

Anlass für meine heutige Aufregung ist die Fortsetzung des lustigen „Ich-nehme-mal-den-Rosmarinzweig-heimlich-runter“-Spielchens, das der in den letzten Gruftgeschichten beschriebene Herr der tellertragenden Zunft mit mir spielen wollte. Das ist ja ansteckend – die von mir als Scherz eingestuften Bemerkungen der Truppe „das nehmen wir alle weg“ haben sich als Tatsache herausgestellt. Im Angesicht der Gäste nimmt der nächste Herr den Zweig herunter und wirft ihn in den Abfall.

Man stelle sich vor, dass einer dieser Spezies Angehörenden bei Herrn Müller in Lerbach mal einfach eine Blüte entfernt oder einen Saucenklecks wegwischt, weil man ja seine eigene Vorstellung der Optik eines Tellers hat.

Sprachlos war ich das letzte Mal. Heute reagierte ich ungehalten.



11 Responses to “Pest.”

  1. schuld am kellner-unwesen haben aber auch die patrons, die offenbar alle denken: besser eine horde strunzdumme blondinen (sog. studentinnen), die keine ahnung von den elementarsten dingen haben, als 3 taugliche servicemitarbeiter, die vielleicht einfach nur normal aussehen.
    nun habe ich nichts dagegen, wenn leute sich durchs kellnern finanzieren, aber schoen waere, wenn diese leute von den patrons vorher in ein bootcamp geschickt wuerden, wo ihnen demut vor dem gast eingebleut wird.
    servieren ist eben auch dienen.
    als gast gehe ich mittlerweile wieder, wenn mir der service auf den geist geht.
    wenn koeche so eine attitude an den tag legten (kenn wa nich, hamwa nich, wer bist du eigentlich?), wuerde doch in deutschland keiner mehr essen gehn (btw: ich freu mich auf mein lieblingsrestaurant im urlaub, da ist der oberkellner kickboxer und am tisch verhaelt er sich wie aus dem buch! ausserdem ist das essen fantastisch).

  2. 2 fressack

    Dieses Thema bietet ein weites Feld für alle Arten sozio-dynamischer Studien.
    Am Pass, also an der Schnittstelle zwischen Service und Küche, scheint ein Bruch stattzufinden. Wenn der Patron, wie in meinem Fall, ein viel zu guter/gutmütiger Kerl ist, wird es schwierig, da etwas zu ändern.
    Aber ich arbeite daran.

  3. Der Schauspieler Krol hat mal bei Biolek etwas sehr schönes gesagt (sinngemäß zitiert): „Neulich hab ich sechs Wochen in Wien gedreht. Wenn man da ins Restaurant geht, dann merkt man noch, dass Kellner eigentlich ein Lehrberuf ist.“

  4. schade ist ja nur, das diese deppen ihrem berufstand einen schlechten namen geben. es gibt fantastische kellner (auch ungelernte!), die den gast aufs angenehmste umsorgen und auch mit den koechen gut klarkommen, und es gibt leute, die besser irgendwo ohne publikumsverkehr arbeiten, oder meinetwegen in so einer arroganten boutique fuer reiche schreckschrauben.

  5. 5 fressack

    In diesem speziellen Falle handelt es sich um eine Truppe, die an sich ordentlich arbeitet, selbständig, effizient, freundlich. Nur hat sich eine Szene etabliert (Literaten, Künstler, Werber), die auf bestimmte Art umsorgt wird. Hinzu kommt, dass die Küchencrew immer irgendwie untergeordnet war, d.h. immer alle Wünsche, die von aussen kamen, erfüllen musste.
    Hier wird zwar mit Kassenbons gearbeitet, aber jeder zweite wird handschriftlich mit den diversen Extrawünschen versehen.
    Weiterhin wird mit einer gewissen Arroganz aufgetreten. Wenn ich mich als „ausgebildeten Sommelier“ bezeichne und dann den Gästen ein „Entrcoh“ oder einen „blackenet Tuna“ (Lautschrift) verkaufe, dann geht mir das Verständnis ab.

  6. hm – das klingt ja nach super-mühsamem kleinkrieg. dabei ist doch auch für den gast nichts lästiger als ein aufgeblasener service, der sich selbst zu wichtig nimmt. wenn ich essen gehe, dann sicher nicht, weil ich mich den leistungen des service widmen möchte, sondern – au contraire – jenen der küche (der service ist für mich da nicht mehr als ein möglichst unauffälliges mittel zum zweck).
    wie genau darf man/frau sich denn „ungehalten reagieren“ vorstellen? 😉

  7. 7 fressack

    Ich wurde einfach etwas lauter. Das ist schon ein Unterschied zu meinem sonstigen Streben nach Harmonie.
    Gut war nur, dass der Chef, mein Freund, mir ausdrücklich rechtgegeben hat.

  8. ohoh.
    im letzten laden hatten wir gluecklicherweise ein sehr gutes verhaeltnis zwischen kueche und service, fast zu gut, die ewigen kuechenparties mit anschliessend disco bis 5uhr morgens waren etwas kraeftezehrend…
    zickige kellner, die effizient arbeiten, sind ok, solche die immer nur ihrem tip hinterherrennen und dafuer auch schon mal essen, das nicht fuer ihre tische ist, vom pass klauen, muessen sich nicht wundern, wenn sie auch mal auf die flossen kriegen (ok, ich haette dran denken sollen, das ich ein kartoffelschaelmesser in der hand hatte…).

  9. 9 Andrea aus Wien

    Hier in Wien wird in alt eingessenen Kaffeehäusern der „Grant“ zur Melange mitserviert. Das gehört dazu und wenn ein Herr Ober mit einem Lächeln den Kaffee bringt, ist etwas faul 😉 Aber Wien ist wohl anders …

  10. Ja ja, diese Kellner…..Ich glaube, da hat jeder so seine Story….Stellte mir gerade die Szene bei Dieter Müller vor……

    Andres Thema, aber Du „liebst“ ja Fernsehköche, ich kam jetzt mal in den Genuss, sämtliche dt. TV Köche zu sehenm ja mei, dagegen ist ja F. Entwicklungsland!Ich amüsiere mich übrigens gut bei dem perfekten Dinner…..Mälzer mag ich nicht und Kerner eh nicht.

    Bis bald!

    Heute habe ich Kuchen wur Kaffeezeit reingestellt…

  11. 11 fressack

    Wenn so etwas wie ein „Grant“ dazugehört, ist es ja recht. Das ist auch bei den hessischen Äppelwoikellnern so. Wenn da einer lacht oder freundlich ist, ist er zugereist.
    Der hessische Wirt ist anders: der is alse mal e bissi grob, awwer er maants ach so.


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